Ernährung

Gluten, Milch, Histamin – der große Unverträglichkeiten-Check

Beitrag wurde erstellt von:
Dunja Rieber

Keine Milchprodukte, kaum Obst, kein Brot: Immer mehr Menschen meiden bestimmte Lebensmittel, oft ohne, dass Sie wissen welcher Auslöser hinter den Beschwerden steckt. Wir geben Ihnen einen Überblick über häufige - und auch häufig unterschätzte - Unverträglichkeiten und zeigen Ihnen wie Sie sinnvoll damit umgehen.  

Nahrungsmittelallergie oder Unverträglichkeit – das macht den Unterschied

Der Körper lügt nicht, wenn er mit Bauchgrummeln, Quaddeln im Gesicht oder Kopfschmerzen nach dem Essen reagiert. Eine Allergie denken viele. Aber: Eine echte Allergie tritt nur bei 2 bis 4 Prozent der Bevölkerung auf, dagegen haben 30 Prozent eine Nahrungsmittelunverträglichkeit. Doch die wahren Auslöser zu finden, ist oft nicht leicht.

Bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit oder auch Intoleranz ist die Ursache meist eine eingeschränkte Funktion des Darms. Er kann manche Lebensmittelbestandteile nicht richtig verdauen oder abbauen, auch weil dazu notwendige Enzyme vom Körper nicht in ausreichender Menge gebildet werden. In der Folge kommt es zu Beschwerden wie Blähungen, Durchfall, Übelkeit oder auch Kopfschmerzen.

Also Fruktose & Co. am besten strikt vom Speiseplan streichen? Anders als bei Allergie kann das bei einigen Unverträglichkeiten sogar kontraproduktiv sein. Anders als bei einer Histamin- und Glatamatunverträglichkeit gilt bei Laktose und Fruktose: Je mehr der Stoff komplett gemieden wird, desto weniger wird er vertragen. Besser ist es, den Darm sanft zu trainieren, sodass die Enzymtätigkeit bestmöglich erhalten bleibt. Wie das funktioniert? Finden Sie hier im ersten Schritt heraus, welcher Auslöser hinter Ihren Beschwerden stecken könnte. Im zweiten Schritt zeigen wir Ihnen, welche Lebensmittel Ihnen guttun und welche Sie besser maßvoll verzehren sollten. Lesen Sie weiter unten außerdem, wie die sogenannte Ausschlussdiät bei unklaren Unverträglichkeiten hilft und was Sie sonst noch tun können, um das Gleichgewicht im Darm wieder herzustellen.

Fruktoseintoleranz – Probleme durch versteckten Industrie-Zucker

Daran erkennen Sie sie: Sobald Fruktose über die Ernährung in den Dünndarm gelangt, sorgen sogenannte Fruktosetransporter dafür, dass der Fruchtzucker in die Darmzellen aufgenommen wird. Von dort aus gelangt der Fruchtzucker weiter in den Blutkreislauf und zur Leber. Es kann jedoch immer nur so viel Fruktose in die Darmzellen geschleust werden, wie Fruktosetransporter (GLUT5) vorhanden sind. Kommt es zu einer Überlastung der Kapazitäten, stellen sich die Symptome einer Fruktoseintoleranz ein. Weil die Fruktose nicht ausreichend vom Darm in den Körper aufgenommen wird, gelangt sie in den Dickdarm. Dort wird sie von Bakterien zu Wasserstoff, Methan, Kohlendioxid und kurzkettigen Fettsäuren abgebaut. Und das verursacht Probleme. Sie reichen von Blähungen, Verdauungsproblemen und Übelkeit bis hin zu Kopfschmerzen.

Die Auslöser? Wer bei Fruchtzucker automatisch nur an Obst denkt, der irrt. Leider ist Fruktose auch sehr beliebt bei der Lebensmittelindustrie und kommt besonders oft in Fertigprodukten, Süßigkeiten, Soft-Drinks oder gesüßten Joghurts zum Einsatz. Und auch Honig und Trockenobst sind fruktosereich. So summiert sich der aufgenommene Fruchtzucker schnell. Der Großteil der täglich aufgenommenen Fruktose stammt dabei aus herkömmlichem Haushaltszucker. Denn in ihm ist neben dem Einfachzucker Glukose auch reichlich Fruktose enthalten.

Das können Sie tun:

  • Generell gilt: Bei industriell verarbeiteten Lebensmitteln vorsichtig sein. Sie enthalten nicht nur viel Fruktose, sondern auch viele weitere leere Kalorien.
  • Setzen Sie auf natürliche Lebensmittel. Sie liefern neben Mikronährstoffen auch gesunde Ballaststoffe, die dem Darm guttun.
  • Eine gewisse Menge an Fruktose bleibt verträglich, daher ist es sinnvoll diese Menge durch Obst aufzunehmen anstatt durch fruktosegesüßte Fertigprodukte, Limos oder Müslis.
  • Striktes Meiden von Obst ist nicht zu empfehlen. Denn dadurch stellen die noch vorhandenen Fruktosetransporter gänzlich ihre Arbeit ein. Finden Sie Ihre individuelle Toleranzgrenze und erhalten Sie so bestmöglich die Fähigkeit ihres Darms zum Fruktosetransport.
  • Generell ist die Toleranzgrenze von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Wurde die Fruktose-Intoleranz mittels H2-Atemtest festgestellt, wird die Fruktoseaufnahme in Rahmen einer Ernährungsberatung zunächst heruntergefahren, dann schrittweise erhöht, um die Toleranzgrenze zu ermitteln. Das Führen eines Ernährungstagebuchs hilft dabei.

Laktoseintoleranz – nicht alle Milchprodukte sind schlecht verträglich

Daran erkennen Sie sie: Bei der häufigsten Nahrungsmittelunverträglichkeit (bis zu 30 Prozent der Deutschen) besteht ein Mangel am Enzym Laktase. Der Milchzucker, die Laktose, kann nicht richtig aufgespalten werden. Das verursacht Blähungen, Bauchweh, Durchfall.

Die Auslöser? Kuhmilch, Ziegenmilch, Schafsmilch, Sahne, Kakao, Pudding, Sahnetorte, Eiscreme, erst in größeren Mengen auch Joghurt, Hartkäse, Kefir, Buttermilch.

Das können Sie tun:

  • Auf Milchalternativen wie Hafermilch oder Sojasahne umsteigen oder laktosefreie Milchprodukte verwenden.
  • Geringe Mengen Milchzucker in Nahrungsmitteln bereiten jedoch meist keine Schwierigkeiten. So dürfen selbst als "laktosefrei" gekennzeichnete Lebensmittel noch 10 mg Laktose pro 100 g Nahrungsmittel enthalten.
  • Vollreifer Hartkäse wie beispielsweise Emmentaler oder Gruyère verursacht in der Regel keine Beschwerden, da der Milchzucker beim Reifungsprozess abgebaut wird.
  • Sauermilchprodukte sind in moderaten Mengen oft gut verträglich. Die in Joghurt, Kefir & Co. enthaltenen Milchsäurebakterien bauen im Darm größere Mengen Milchzucker ab und machen somit die körpereigene Laktase zur Verdauung der Laktose weitgehend überflüssig.
  • Auch auf Butter muss bei einer Laktosunverträglichkeit nicht verzichtet werden. Denn zum einen wird sie in der Regel ohnehin nicht in großen Mengen verzehrt und zum anderen hat sie einen Laktosegehalt unter 1 Gramm pro 100 Gramm.
  • Die gute Nachricht für alle Schokoladen-Fans: Schoki ist nicht gleich Schoki! So enthält Schokolade mit 75 Prozent Kakaoanteil unter 1 Gramm Laktose pro 100 Gramm. Dabei gilt: Je kakaohaltiger die Schokolade ist, desto weniger Laktose beinhaltet sie.
  • Einfach Tabletten einnehmen? Laktase-Tabletten gibt es in jeder Apotheke. Einfach schlucken und der Körper bekommt, was ihm fehlt? Experten empfehlen, die Laktase-Tabletten nur ausnahmsweise einzunehmen, etwas wenn man zum Essen eingeladen ist.
  • Langfristig der gesündeste Umgang mit der Unverträglichkeit ist, die eigene Verträglichkeit auszutesten und dem Körper die Menge an laktosehaltigen Lebensmitteln zu gönnen, die er verträgt.
  • Generell ist die Toleranzgrenze von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Besteht eine Laktose-Intoleranz, so sollten Sie in Absprache mit Ihrem Arzt oder einem Ernährungsberater zunächst die Laktoseaufnahme herunterfahren und dann schrittweise erhöhen, um Ihre Toleranz zu ermitteln. Dabei hilft ein Ernährungstagebuch.
  • Wer Milchprodukte weitestgehend meidet,sollte kalziumangereicherte pflanzliche Milch wählen und kalziumreiches Gemüse wie Brokkoli und Grünkohl sowie Samen und Nüsse regelmäßig verzehren.

Histamin-Intoleranz - die häufig übersehene Unverträglichkeit

Daran erkennen Sie sie: Aufgrund eines Mangels des Enzyms DAO wird der Entzündungsstoff Histamin aus der Nahrung nicht mehr richtig abgebaut. Eine Histaminintoleranz zeigt sich durch wenig eindeutige Beschwerden wie Ekzeme, Kopfweh, Müdigkeit, Schwindel, Herzrasen oder Migräne.

Die Auslöser? Geräucherter Fisch, Fischkonserven, Muscheln, Sauerkraut, länger gereifte Käsesorten wie Parmesan, Schokolade, Salami oder Rotwein.

Das können Sie tun:

  • Aufgrund der diffusen Beschwerden, wird die Histaminintoleranz oft übersehen. Wenden Sie sich an einen erfahrenen Allergologen, um die Diagnose sicher zu stellen und von anderen Unverträglichkeiten abzugrenzen.
  • Je nach Fall entscheidet ein Arzt darüber, ob Antihistaminika (die die Aufnahme des Histamins verhindern) sinnvoll sind oder Medikamente, die den Abbau des Histamins im Körper fördern.

Glutamat-Intoleranz - allergisch auf Geschmacksverstärker

Daran erkennen Sie sie: Es ist noch nicht medizinisch vollständig geklärt, was hinter den Beschwerden wie Mundtrockenheit, Herzklopfen, Übelkeit oder Juckreiz und Hitzewallungen steckt. Vermutet wird, das bei einigen Menschen das Nervensystem stärker auf Glutamat reagiert. Da das Immunsystem nicht beteiligt ist, sprechen Mediziner hier von einer Pseudoallergie.

Die Auslöser? Sie erkennen den Geschmacksverstärker Glutamat in Lebensmittel an der Bezeichnung E620 bis E625. Problematisch sind häufig Fertiggerichte, Tütensuppen, Brühepulver oder asiatisches Essen.

Das können Sie tun:

  • Verzichten Sie zwei Woche auf jegliches Glutamat in Ihrer Ernährung, auch auf Trockenhefe-Extrakte und Sojasoße. Zeigen sich nach dem Essen keine Beschwerden wie sonst, kann eine Glutamat-Unverträglichkeit vorliegen. Achtung: Auch einige Stunden nach dem Essen können noch Beschwerden auftreten.
  • Besprechen Sie Ihren Verdacht mit Ihrem Arzt. Bei bestätigtem Verdacht, hilft nur der Verzicht auf Glutamat, da es keine Arznei gibt.

Gluten-Unverträglichkeit – Verzicht nur bei Allergien

Daran erkennen Sie sie: Glutenfreie Produkte erlebten in den letzten Jahren einen regelechten Boom. Immer mehr Menschen ernähren sich bewusst glutenfrei und verzichten auf Produkte aus Weizen, Dinkel und Co., um das enthaltene Klebereiweiß zu meiden. Dabei leidet nur etwa einer von 1.000 Menschen an Zöliakie, einer Autoimmunerkrankung, die auf einer lebenslangen Unverträglichkeit gegen das Klebereiweiß Gluten beruht. Das Protein verursacht starke Entzündungen der Darmschleimhaut.

Die Auslöser: Getreideprodukte wie Mehl, Müsli, Brot, Nudeln, Couscous, Bulgur, Grieß, Roggen, Gerste. Auch Hafer kann durch Verunreinigungen mit anderen Sorten Gluten enhalten.

Das können Sie tun:

  • Ist eine Zöliakie nachgewiesen, ist eine glutenfreie Ernährung essentiell.
  • Wer nicht unbedingt Gluten meiden muss, sollte es auch nicht tun. Gesunde profitieren nicht von einer glutenfreien Ernährung – im Gegenteil. Forscher fanden heraus, dass der Verzicht Herz und Gesundheit belasten kann. Der Grund: Wer Vollkorn meidet, nimmt oft weniger gesunde Ballaststoffe und weniger B-Vitamine auf, so die Wissenschaftler.
  • Speziallebensmittel wie glutenfreie Produkte sind nicht nur teuer, sondern sie enthalten auch vielerlei künstliche Hilfsmittel, Stärke, Zucker und Salz. Auch an wer an einer Zöliakie erkrankt ist, sollte deshalb möglichst oft natürliche glutenfreie Alternativen wie Buchweizen oder Hirse verwenden, die auch reichlich Ballaststoffe liefern.
  • Wer das Gefühl hat, Brot schlecht zu vertragen, kann auf traditionell hergestelltes Brot setzen. Denn bei Industriebrot findet bei der Teigherstellung kaum noch eine natürliche Fermentierung statt. Es wird in Rekordzeit verarbeitet – künstliche Zusätze beschleunigen das „Gehen“ des Teiges. Darf der Teig ausreichend lange „gehen“, werden dabei die Bestandteile im Getreide bekömmlicher und zum Beispiel schwerer verdauliche FODMAPs abgebaut.

Unverträglichkeiten erkennen in 3 Schritten

Nicht jede Unverträglichkeit lässt sich medizinisch feststellen. Etwa ein Drittel der Deutschen gibt an, an einer Unverträglichkeit zu leiden. Doch nicht immer lässt sich diese Einschätzung durch medizinische Tests bestätigen. Oft bleiben Fragezeichen wenn zum Beispiel die ermittelten Werte an der Grenze zur Unverträglichkeit liegen. Unabhängig davon, um welchen Auslöser es sich handelt: Mit der sogenannten „Ausschlussdiät“ können Sie feststellen, was Ihnen bekommt und was nicht. Am besten lassen Sie sich von einem Arzt evtl. mit begleitender Ernährungsberatung beraten, wenn Sie eine Ausschlussdiät durchführen möchten. So kommen Sie den Auslösern für Ihre Unverträglichkeit auf die Schliche:

  1. Wer eine Unverträglichkeit vermutet, sollte zu Beginn für zwei bis drei Wochen alle Lebensmittel streichen, die den vermuteten Auslöser enthalten.
  2. Anschließend beginnen Sie betroffene Lebensmittel wieder sanft einzuführen. Testen Sie jedes Lebensmittel einzeln aus und führen Sie weitere Lebensmittel Schritt für Schritt ein.
  3. Führen Sie Buch darüber, ob sich Beschwerden äußern. Steigern Sie die Menge langsam. So lernen Sie, was Ihnen gut bekommt und was nicht. Je nach Auslöser ist es nun sinnvoll, sich an die individuelle Toleranzmenge heranzutasten.

Den Darm nicht vergessen bei Unverträglichkeiten

Der Darm ist der Dreh- und Angelpunkt bei Intoleranzen. Er sollte daher mit einer gesunden, ballaststoffreichen Ernährung gehegt und gepflegt werden. Nur ein gesunder Darm kann außerdem Mikronährstoffe gut verwerten und aufnehmen. Ist der Darm bereits angegriffen oder entzündet, kann der Bedarf an Mikronährstoffen erhöht sein. Wie Sie mit einer gesunden Ernährung das Gleichgewicht im Darm wiederherstellen können, darüber können Sie hier mehr erfahren und hier finden Sie unsere einfache Anleitung für eine Darmsanierung.

Quellen

Lebwohl et al.: Long term gluten consumption in adults without celiac disease and risk of coronary heart disease: prospective cohort study, BMJ, 2017.