Psyche

Gesunde Ernährung, gesunde Psyche? Das wissen Forscher

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Cora Högl

Kann eine falsche Ernährung seelische Leiden mit auslösen - die richtige hingegen das psychische Wohlbefinden fördern? Mediziner haben erforscht, wie die Ernährung unser Seelenleben beeinflusst. 

Wie Ernährung unsere Psyche beeinflusst

Farbenfroh, frisch und lecker: Freunde von Obst und Gemüse wissen die vielseitigen Vitalstoffbomben aus vielerlei Gründen zu schätzen. Neueste Studien belegen jetzt auch die Wirkung auf unsere Psyche. Glück und Wohlbefinden lassen sich tatsächlich durch den häufigen Verzehr von Obst und Gemüse steigern, wie Forscher herausfanden.

Ist positives Lebensgefühl essbar?

Wir sind, was wir essen. Und das spiegelt sich nicht nur im Zustand von Knochen, Muskeln, Stoffwechsel und Organen wider, sondern auch in unserer Stimmung. Zahlreiche Studien haben in der letzten Dekade den Einfluss von bestimmten Nahrungsmitteln auf unsere Psyche untersucht. Die essentiellen Aspekte dabei sind:

  • Sinne: Geruch und Geschmack sind eng mit Erinnerungen und Empfindungen (Vorfreude, Geborgenheit, Ekel, usw.) verknüpft

  • Hormonsteuerung: durch die Aufnahme von Lebensmitteln, die z. B. für die Serotonin-Synthese benötigt werden

  • Die Darm-Hirn-Achse: Bakterien im Darm kommunizieren mit dem Hirn, indem sie psychoaktive Botenstoffe produzieren

  • Wirkung von Nahrungsmittelbestandteile direkt auf das Gehirn: z. B. enthalten Schokolade und Marihuana ähnlich wirkende Substanzen

Je mehr Obst und Gemüse, desto besseres psychisches Wohlbefinden

Neben vielen bereits nachgewiesenen Vorteilen für unsere physische Gesundheit belegten nun neue Studien auch den Einfluss der Ernährung auf unser psychisches Wohlbefinden und auf unsere Zufriedenheit. Jede Person kann ihre Zufriedenheit und ihr Wohlbefinden mit häufigem Obst- und Gemüsekonsum steigern – und das in kurzer Zeit. Dies zeigt eine neue Studie mit dem sprichwörtlichen Namen „Lettuce be happy“1. aus England, bei der Daten von über 40.000 Briten analysiert wurden. Das Resultat der direkten Wirkung auf unsere Psyche durch den Verzehr von Obst- und Gemüse war auch dann noch haltbar, als weitere Lebensstilfaktoren wie Alter, Einkommen, Familienstand, Erwerbsstatus und Bildungsniveau berücksichtigt wurden.

Die Ursache des positiven Effekts durch den häufigen Verzehr von Obst und Gemüse ist noch nicht eindeutig nachgewiesen. Wissenschaftler vermuten, dass u. a. Antioxidantien und Abbauprodukte komplexer Kohlenhydrate direkt auf unser Gehirn einwirken. Zusätzlich bleiben negative Effekte aus, die durch eine „western style diet“ hervorgerufen werden, wenn stattdessen viele pflanzliche frische Lebensmittel konsumiert werden.

Die Wissenschaftler betonen also explizit, dass kausale Zusammenhänge weiterer Klärung bedürfen und fassen vorerst zusammen: Personen mit hohem Obst- und Gemüsekonsum berichten über ein höheres psychisches Wohlbefinden und mehr Zufriedenheit als andere. Die Quantität ist dabei direkt ausschlaggebend.

Wie stille Entzündungen Depressionen auslösen, können Sie hier nachlesen.

Mediterrane Ernährung kann Depressionen lindern

Auch bei Personen mit Depression hat die Ernährung einen erheblichen Einfluss. 2017 setzten sich australische Wissenschaftler in der randomisierten Fall-Kontroll-SMILES-Studie2. mit der Fragestellung auseinander, wie Ernährung und Depression zusammenhängen. Die Probanden litten unten mittelschweren bis schweren Depressionen. In der Studie wurden die Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt: Beibehalten der bisherigen ungesunden Ernährung und Umstellung auf eine mediterrane Diät. Ergebnis war, dass die Gruppe, die sich mediterran ernährte, nach 12 Wochen eine signifikante Verbesserung der depressiven Erkrankung wahrnahm. Vor allem folgende Lebensmittel wurden auf den Speiseplan gesetzt bzw. gestrichen:

  • Mehr: Olivenöl Hülsenfrüchte Obst und Gemüse Fisch Vollwertprodukte

  • Weniger: Weißmehl, raffinierter Zucker Softdrinks stark verarbeitete Produkte wie Wurstwaren frittierte Lebensmittel Süßigkeiten

Machen Weißbrot, Pommes und Zucker aggressiv?

Leider greifen Haftanstaltsinsassen oft genau zu diesen Lebensmitteln täglich und lassen Obst und Gemüse unangetastet liegen. Wissenschaftler der Uni Oxford wagten die These, dass eine erhöhte Vitaminzufuhr mit dazu beitragen könnte, Aggressionen und gewalttätiges Verhalten in Gefängnissen zu vermindern. Sie behielten recht: Das Resultat der Studie3. (durchgeführt mit männlichen Probanden zwischen 18 und 21) zeigte, dass eine gute Versorgung mit Vitaminen und Spurenelementen die gewalttätigen Zwischenfälle um ca. 37 % im Vergleich zur Gruppe mit Standardverpflegung reduzierte. Wiederholte Experimente in anderen Institutionen führten immer wieder zum gleichen positiven Ergebnis. Doch wie viel Obst und Gemüse sind überhaupt gesund für uns?

Zuckerfrei: So schaffen Sie es, weniger Zucker zu essen.

Obst und Gemüse-Konsum in Deutschland: „5 am Tag“ sind bereits nicht mehr aktuell

„5 am Tag“. Zwei Portionen Obst (ca. 250 g) und drei Portionen Gemüse (ca. 400 g) pro Tag empfehlen DGE und WHO seit langem. Die Begründung dieser Empfehlung basiert auf der Verringerung des Risikos an diversen Krebserkrankungen und anderen chronischen Erkrankungen bei häufigem Verzehr von Obst und Gemüse. Doch diese Zahlen werden beim Großteil der Europäer nicht erreicht. Eurostat, das statistische Amt der EU veröffentlichte 2014 als Ergebnis einer Gesundheitsbefragung folgende Zahlen:

  • nur 14,1 % der EU isst täglich die empfohlenen 5 Portionen Obst und Gemüse

  • nur 9,9 % der Deutschen nimmt die empfohlenen 5 Portionen zu sich!

Obst und Gemüse schützen unseren Körper: „10 am Tag“ sind besser

Vor allem in Zusammenhang mit Tumorerkrankungen wird die Bedeutung von Obst und Gemüse in der täglichen Ernährung vielfach erforscht und die Ergebnisse teils kontrovers diskutiert. Die große europäische Langzeit-Studie EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition)4 erforscht den Zusammenhang zwischen Ernährung und Krebserkrankungen bzw. chronischen Erkrankungen. Experten sind sich einig, dass Fehlernährung 30-40 % der Krebserkrankungen beeinflusst und neben dem Rauchen den Hauptfaktor darstellt. Obst- und Gemüse hat eine protektive Wirkung bei Magen-, Darm und Lungenkrebs. Auch bei kardiovaskulären Erkrankungen konnte die Schutzwirkung von Obst und Gemüse nachgewiesen werden.

Viele Wissenschaftler halten die Empfehlung „5 am Tag“ für veraltet und empfehlen 8-10 Portionen Obst und Gemüse täglich.

Die Forscher untersuchten in einer Meta-Analyse, wie viel Obst und Gemüse der Mensch verzehren muss, um den maximalen Schutz vor Krankheiten und einem frühzeitigen Tod durch deren Verzehr zu erlangen. Mit dem Ergebnis, dass die Empfehlung in der Realität verdoppelt werden muss. Obst und Gemüse reduziere den Cholesterinspiegel und den Blutdruck, erhöhe die Funktionalität des Immunsystems und verhindere DNA-Schäden durch die vielen Antioxidantien (Reduktion des Krebsrisikos). Im Detail wurden die folgenden Auswirkungen für 10 Portionen Obst und Gemüse/Tag herausgearbeitet:

  • Risiko für Herzerkrankungen wird um 24 % reduziert

  • Risiko für Schlaganfälle wird um 33 % reduziert

  • Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird um 28 % reduziert

  • Risiko für eine Krebserkrankungen wird um 31 % reduziert

Meine Empfehlung: Den Fokus auf Gemüse legen

Bei der 10-pro-Tag-Empfehlung sollten Sie vor allem den Verzehr von Gemüse erhöhen. Ein exzessiver Verzehr über einen längeren Zeitraum von Obst mit hohem Zucker-Anteil kann langfristig – wegen der hohen Kalorienlast – zu einer nicht-alkoholischen Fettleber führen. Bei den empfohlenen 10 Portionen sollte der Mehranteil also deutlich überwiegend beim Gemüse liegen (z. B. täglich 7 Portionen Gemüse, 3 Portionen Obst). Bevorzugen Sie Obstsorten mit niederem glykämischem Index wie z. B. Zitrusfrüchte oder Beerensorten, weniger Bananen oder süße Trauben. Auch die körperliche Belastung spielt bei der Auswahl eine Rolle: Sportler und körperlich schwer arbeitende Personen können ohne Probleme mehr Früchte mit viel Zucker/vielen Kalorien konsumieren. Kurz: Die Auswahl sollte an Ihren Lebensstil angepasst sein, damit Sie optimal von den positiven Effekten von Obst und Gemüse profitieren können.

Quellen

  1. N. Ocean et al. (2019): Lettuce be happy: A longitudinal UK study on the relationship between fruit and vegetable consumption and well-being. Social science and medicine, Vol 222. https://doi.org/10.1016/j.socscimed.2018.12.017

  2. F. Jacka et al. (2017): SMILES’ trial, BMC Medicine. https://doi.org/10.1186/s12916-017-0791-y

  3. B. Gesch et al. (2013): Nutr Health. Adolescence: Does good nutrition = good behavior? Nutr Health. https://doi.org/10.1177/0260106013519552

  4. Dagfinn Aune et al. (2017): Fruit and vegetable intake and the risk of cardiovascular disease, total cancer and all-cause mortality—a systematic review and dose-response meta-analysis of prospective studies. International Journal of Epidemiology, Volume 46, Issue 3, June 2017, Pages 1029 105. https://doi.org/10.1093/ije/dyw319

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