Ernährung
Microgreens: So bauen Sie die grünen Mikronährstoffbomben einfach selbst an

Gemüse im Miniaturformat: Weder ein ausgeprägter grüner Daumen noch ein großer Garten ist notwendig, um die kleinen grünen Mikronährstoffbomben anzubauen. Sie können noch heute mit der Aufzucht beginnen und in wenigen Wochen wird die Saat bereits Früchte tragen. Wir erklären, welche zahlreichen Mikronährstoffe in Microgreens enthalten sind und wie Sie Schritt für Schritt zur Ernte kommen!
Qualität statt Quantität bei Microgreens: Kleine Pflänzchen mit großer Wirkung
Nicht immer schaffen wir die Empfehlung „5 am Tag“, wenn es um den Verzehr von Gemüse und Obst geht. Doch genau diese Nahrungsmittelgruppen brauchen wir, um uns mit lebenswichtigen Mikronährstoffen (Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente) zu versorgen. Woran viele oft nicht denken: Auch Kräuter, Sprossen und Microgreens liefern eine enorme Bandbreite an Mikronährstoffen, sind einfach zu pflegen und selbst auf geringem Wohnraum ist Platz für ein paar Anzuchtschalen auf dem Fensterbrett – ein kürzerer Transportweg von der Ernte auf den Esstisch ist wohl kaum möglich.
Sprosse: Säugling, Microgreen: Kleinkind
Microgreens sind Gemüsegrüns (der bekannteste Vertreter ist die Kresse), die direkt geerntet werden, sobald die ersten Keimblätter sichtbar sind. Die Wachstumsstadien einer Pflanze können grob in vier Perioden unterteilt werden:
- Sprosse
- Microgreen
- Babygreen
- ausgewachsene Pflanze
Sprossen benötigen kein Sonnenlicht, frische Luft oder Erde, Microgreens dagegen schon. Im Gegensatz zur Sprosse, bei der Samen, Wurzeln und Stängel verzehrt werden, isst man bei Microgreens nur Stängel und die Keimblätter. Vieles, was Sie täglich an Gemüse essen, kann auch bereits als Microgreen geerntet werden, z. B. Radieschen, Rucola, Brokkoli oder Erbsen. Die kleinen Gemüsepflanzen sind nur ca. zwei Wochen alt, wenn sie bereit sind zum Verzehr. Die besonders hohe Nährstoffkonzentration- und vielfalt des winzigen Blattgemüses hat ihm den Namen Superfood eingebracht, der immer mehr an Popularität gewinnt. Zusammengefasst könnten sie als platz- und zeitsparende „natürliche Nahrungsergänzungsmittel“ beschrieben werden. Microgreens vereinen die geballte Energie, die Pflanzen brauchen, um zu wachsen. Die Konzentration und Vielfalt an Mikronährstoffen ist um ein Vielfaches höher als in „erwachsenem“ Gemüse: Forscher schätzen, dass Microgreens teilweise 40-Mal so viele Mikronährstoffen enthalten als ausgewachsenes Gemüse.
Microgreens versorgen Sie besonders gut mit den folgenden Mikronährstoffen, die an folgenden Funktionen im Körper beteiligt sind:
- Vitamin C: Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung, Psyche, Energiestoffwechsel, Immunsystem, Schutz der Zellen vor oxidativem Stress, Kollagenbildung. Außerdem erhöht Vitamin C die Aufnahme von Eisen.
- B-Vitamine: Psyche, Energiestoffwechsel, Herzfunktion, Funktion des Nervensystems, Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung, Immunsystem, Blutbildung.
- Vitamin A: Sehkraft, Eisenstoffwechsel, Haut und Schleimhäute, Immunsystem.
- Vitamin E: Schutz vor oxidativem Stress.
- Kalzium: Energiestoffwechsel, Knochenstoffwechsel, Zähne, Blutgerinnung, Muskelfunktion.
- Eisen: Sauerstofftransport im Körper, Energiestoffwechsel, Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung, Immunsystem.
- Zink: Haare und Nägel, Sehkraft, Säure-Base-Stoffwechsel, Kohlehydrat- und Fettsäurestoffwechsel, Schutz der Zellen vor oxidativem Stress.
Außerdem enthalten Microgreens eine Fülle an sekundären Pflanzenstoffen. Sekundäre Pflanzenstoffe haben für Pflanzen verschiedene wichtige Effekte: Sie wehren Schädlinge ab, locken Insekten an, schützen vor UV-Licht und sind Aromabildner. Die Bedeutung dieser Stoffe (u. a. antioxidativ, antientzündlich) für den Menschen wurde erst in den letzten Jahren zunehmend bekannt. In Brokkolikeimlingen stecken z. B. große Mengen Sulphoraphan, in Fenchelpflänzchen viele Flavonoide.
Einige Studien geben bereits Hinweise auf dieses hohe antioxidative Potential von Microgreens: Besonders die Gemüsepflänzchen der Kohl-Familie (Brassica), die reich an Polyphenolen (sekundäre Pflanzenstoffe) sind, könnten z. B. das Risiko für eine Reihe von Krebserkrankungen senken.
100 Prozent Aroma – und das ohne Pestizide
Ein weiterer Vorteil ist, dass Sie bei selbst gezogenen Microgreens genau wissen, was drin ist: Keine Dünger, Pestizide und den Nährboden wählen Sie selbst aus. Keine langen Transportwege wie oft bei Gemüse und Obst im Winter, sondern direkt von der Fensterbank auf’s Brot, in den Smoothie, auf den Salat oder über Suppen und Hauptgerichte.
Und nicht nur die Mikronährstoffkonzentration ist außergewöhnlich hoch, sondern auch die Aromenstärke- und vielfalt ist enorm: Von würzig-pfeffrig (Rettich) über senfig-scharf (Radieschen), nussig-süß (Sonnenblumenkerne) – Sie wählen selbst aus, was Ihnen schmeckt und was zu den verschiedenen Gerichten passt.
Aktiv werden: So legen Sie Ihren Mini-Gemüsegarten selbst an
Das brauchen Sie:
- Keimbox oder Schale
- Bio-Anzuchterde
- Klarsichtfolie oder transparenter Deckel
- Saat, z. B. Brunnen-Kresse, Senf, Radieschen, Basilikum, Erbse, Rettich, Mangold, Koriander, Rauke, Amaranth, Fenchel oder Kerbel, Pseudogetreide wie Amaranth, Buchweizen oder Quinoa, aber auch Sonnenblumen- oder Kürbiskerne
- einen geeigneten Platz mit Luft und Licht (z. B. Balkon oder Fensterbank)
So geht es:
- Größere Samen wie Erbsen, Sonnenblumenkerne oder Linsen vor dem Aussähen am besten über Nacht in Wasser einweichen
- Schalen mit Erde füllen und befeuchten
- Saatgut eng verteilen und leicht festdrücken
- Mit Wasser aus einer Sprühflasche befeuchten
- Bei Dunkelkeimen Saatgut mit einer dünnen Schicht Erde bedecken. Klassische Dunkelkeimer sind Bohne, Erbse, Koriander und Kapuzinerkresse, Lichtkeimer sind Basilikum, Dill und Kresse. Hinweise hierzu finden Sie zumeist auf der Verpackung der Saaten.
- Decken Sie die Aussaat mit einer Frischhaltefolie oder einem Klarsichtdeckel zu, um das Klima für das Wachstum möglichst ausgewogen zu halten.
- Stellen Sie die Schale an einen warmen, trockenen Ort, der aber nicht direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist.
- Täglich mehrfach mit zimmerwarmem Leitungswasser aus einer Sprühflasche befeuchten.
- Nach zwei Wochen regelmäßiger Pflege sind die Microgreens bereits verzehrbereit. Zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Größe von ca. 15 cm.
Info-Box
Darauf sollten Sie achten:
- Die Aussaat darf nicht austrocken! Mehrmals täglich mit Wasser besprühen.
- Lüften nicht vergessen! Falls Sie die Aussaat abgedeckt haben, sollte diese mehrfach täglich kurz gelüftet werden, sonst droht Schimmelgefahr.
So boostern Sie die Aufnahme der Mikronährstoffe zusätzlich
Die Vitamin A, D, E und K sind fettlöslich, werden also besser vom Körper aufgenommen in Kombination mit Fett. Verfeinern Sie Ihre Gerichte zusätzlich zu den Microgreens also am besten mit hochwertigen, kaltgepressten pflanzlichen Ölen (Olivenöl, Leinöl, Kürbiskernöl) – zum einen profitieren Sie so besser von den Vitaminen, zum anderen versorgen Sie sich gleichzeitig mit den wichtigen entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren. Wichtig: Immer kalt am Schluss über Suppen, Hauptgerichte oder Salate geben, da die Omega-3-Fettsäuren beim Erhitzen zerstört oder sogar in schädliche Transfettsäuren umgewandelt werden.
Unser Tipp: Sie müssen beim Pflanzen von Microgreens keine Monokultur pflegen, sondern können die Saaten einfach mischen. So erreichen Sie einen möglichst vielfältigen Mix bei der Ernte mit den unterschiedlichsten Mikronährstoffzusammensetzungen.
Quellen:
- Yue Zhou et al. Natural Polyphenols for Prevention and Treatment of Cancer Nutrients. 2016 Aug; 8(8): 515. Published online 2016 Aug 22. doi: 10.3390/nu8080515
- Yanqi Zhang et al., Nutritional quality and health benefits of microgreens, a crop of modern agriculture, Journal of Future Foods, Volume 1, Issue 1, 2021, Pages 58-66, https://doi.org/10.1016/j.jfutfo.2021.07.001.https://doi.org/10.1016/j.jfutfo.2021.07.001
- Xiao Z, Lester GE, Luo Y, Wang Q. Assessment of vitamin and carotenoid concentrations of emerging food products: edible microgreens. J Agric Food Chem. 2012 Aug 8;60(31):7644-51. doi: 10.1021/jf300459b. Epub 2012 Jul 30. PMID: 22812633.
- Edgar Pinto et al., Comparison between the mineral profile and nitrate content of microgreens and mature lettuces, Journal of Food Composition and Analysis, Volume 37, 2015, Pages 38-43, https://doi.org/10.1016/j.jfca.2014.06.018.