Ernährung
Ist Bio wirklich besser?

Wer Lebensmittel ohne schlechtes Gewissen kaufen will, greift oft zu Bioprodukten. Diese sind zwar etwas teurer, dafür jedoch umso besser für Tier, Umwelt, Landwirte und mich. Oder etwa doch nicht?
Keine Anwendung von Gentechnik, keine chemisch-synthetischen Düngemittel, artgerechte Tierhaltung – Lebensmittel mit Biosiegel gelten als nachhaltig und fair und sie genießen einen besseren Ruf als konventionell angebaute Lebensmittel. Aber stimmt das überhaupt und ist ihr Mehrpreis daher berechtigt? Wir haben Bio-Lebensmittel unter die Lupe genommen und ihren Einfluss auf Umwelt, Klima, Tierwohl und unsere Gesundheit recherchiert.
Was bedeutet „Bio“?
Spricht man von einem Bio-Lebensmittel, bedeutet dies, dass es aus ökologisch kontrolliertem Anbau bzw. ökologischer Tierhaltung stammt. Die Bio-Zertifizierung ist in der EU nämlich gesetzlich definiert. Nur wer folgende Kriterien erfüllt, erhält das Bio-Siegel:
- Die Lebensmittel dürfen nicht gentechnisch verändert sein.
- Die Lebensmittel werden nicht bestrahlt.
- Auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und Kunstdünger wird verzichtet.
- Es gibt eine höchstzulässige Anzahl von Tieren pro Hektar.
- Tiere erhalten Futter aus ökologischer Haltung.
- Die Gabe präventiver Antibiotika ist verboten.
- Es werden keine Vitamine und Mineralstoffe zugesetzt (außer bei Produkten, wo es gesetzlich vorgeschrieben wird, wie etwa Babybrei)
- Süßstoffe (außer Erythrit), Stabilisatoren, synthetische Farbstoffe, Konservierungsmittel und Geschmacksverstärker sind verboten.
Info-Box
So erkennen Sie Bioprodukte
„Bio“ ist wie gesagt ein geschützter Begriff, d.h. wenn ein Produkt ein Biosiegel trägt, stammt es auch aus biologischer Landwirtschaft. Aber für die Vergabe müssen nur 95 Prozent der Zutaten in verarbeiteten Bio-Lebensmitteln zwingend ökologisch angebaut sein, um ein Produkt als „Bio“ zu deklarieren.
Für Bio-Lebensmittel, die Öko-Verbänden, wie z.B. Bioland, Demeter oder Naturland, unterliegen, gelten noch einmal deutlich strengeren Regeln. Hier müssen zum Beispiel 100 und nicht nur 95 Prozent der Zutaten aus Bio-Anbau stammen.
Ist „Bio“ wirklich besser?
Wirkung auf die Umwelt:
Pflanzen brauchen zum Wachstum fruchtbare Böden mit vielen Nährstoffen. Doch durch häufige Stickstoffüberdüngung oder tierische Gülle in der konventionellen Landwirtschaft, gelangt oft schädliches Nitrat in den Boden und unser Grundwasser. Durch den Verzicht auf mineralische Düngemittel und eine geringere Belastung durch tierische Gülle gelangen in der ökologischen Landwirtschaft im Schnitt 28 Prozent weniger Stickstoff in den Boden. Zudem verzichten Biobauern auf Monokulturen, d.h. auf den Anbau immer gleicher Pflanzen. Dadurch werden dem Boden nicht immer nur die gleichen Nährstoffe gezogen, die Biodiversität wird erhöht und die Humusbildung und die Artenvielfalt im Boden gefördert.
Auch beim Einsatz von Pestiziden unterscheiden sich konventionelle und ökologische Landwirtschaft. Um Pflanzen vor Insekten, Pilzen und Unkraut zu schützen, setzt die konventionelle Landwirtschaft auf eine Fülle an Pflanzenschutzmitteln. Diese können jedoch auch von den Feldern geschwemmt und über die Luft verteilt werden und sich so in benachbarten Biotopen oder Gewässern anreichern. Dies hat zur Folge, dass Vögeln und Insekten teilweise ihre Nahrungsgrundlage verlieren. In der ökologischen Landwirtschaft sind chemisch-synthetische Pestizide verboten. Sie verzichten jedoch nicht komplett auf Pflanzenschutzmittel, sondern nutzen natürliche Mittel, die biologisch abbaubar sind – etwa Schwefel, Kupfer, Bienenwachs oder Pflanzenöle. Diese sind zwar zwangsläufig nicht weniger schädlich, doch die Liste an zugelassenen Pflanzenschutzmitteln umfasst nur rund ein Zehntel der in der konventionellen Landwirtschaft zulässigen, was sich allein schon positiv auf die Umwelt auswirkt.
Wirkung auf das Klima:
Laut dem Umweltbundesamt (UBA) ist die deutsche Landwirtschaft für rund 8,2 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen im Jahr 2020 verantwortlich gewesen. Rund 63 Prozent der gesamten Methan-Emissionen und 81 Prozent der Lachgas-Emissionen in Deutschland stammten aus der Landwirtschaft. Die Landwirtschaft spielt also in Sachen Klima eine nicht ganz unbedeutende Rolle. Kann hier der ökologische Anbau punkten?
Nicht ganz, denn sowohl die konventionelle als auch die ökologische Landwirtschaft produzieren Treibhausgase. Die Emissionen des Ökolandbaus sind zwar geringer, doch die Biobauern bauen auch deutlich weniger Pflanzen pro Fläche an und wenn man die Emissionen pro Tonne Ertrag betrachtet, heben sie sich wieder auf.
Klar ist natürlich auch, dass sowohl konventionell angebaute Produkte als auch Bioprodukte nach Deutschland importiert werden. Hier schneidet eine konventionell angebaute Tomate hinsichtlich ihres Energie- und Ressourcenverbrauchs im Zweifelsfall vorteilhafter ab als eine Biotomate, die aus Tunesien importiert wird.
Allgemein gilt aber: Die mit Abstand größten Emissionen erzeugt die Tierhaltung – egal ob ökologisch oder konventionell.
Wirkung auf die Gesundheit:
Möchte man die Effekte unterschiedlich angebauter Lebensmittel hinsichtlich unserer Gesundheit bewerten, spielen zwei Kriterien eine Rolle: Einmal ihr Nährstoffgehalt und ihre Pestizidbelastung. Die Forschung konnte bisher keine deutlichen Beweise für einen signifikant höheren Nährstoffgehalt ökologisch produzierter Lebensmittel liefern. Über den Nährstoffgehalt entscheidet neben der Sorte vor allem der Grad der Reife. Je länger ein Lebensmittel bis zu seiner vollen Reife ausreifen kann, desto mehr Nährstoffe, allen voran Vitamine und Spurenelemente, sind darin enthalten.
Ein klarer Vorteil von Biolebensmitteln ist jedoch ihre deutlich geringere Nitrat-, Cadmium- und Pestizidbelastung. Zudem sind nur etwa 10 Prozent der für konventionelle Produkte erlaubten Zusatzstoffe zugelassen, sowie Farbstoffe, Süßstoffe, Stabilisatoren und Geschmacksverstärker sind verboten. Wer sich also über Pestizidbelastungen und Zusatzstoffe keine Sorge machen möchte, sollte hier auf Biolebensmittel setzen, diese aber natürlich immer gut waschen.
Ist Bio besser für unsere Tiere?
In der ökologischen Tierhaltung gelten deutlich strengere Standards und Richtlinien als in der konventionellen. So sind z.B. lange Lebendtransporte verboten und die Tiere haben mehr Platz bzw. Auslauf. Das garantiert aber natürlich nicht zwangsläufig, dass es den Tieren auch besser geht. Denn neben Platz und Auslauf ist auch der Umgang mit den Tieren entscheidend.
Biologisch erzeugte Lebensmittel haben also die Nase in Sachen Umwelt, Gesundheit und Tierwohl vorn – wenn auch nicht so deutlich wie man vielleicht denken könnte.
Warum sind Biolebensmittel teurer als konventionelle?
Der Anbau ist aufwendiger und arbeitsintensiver:
Biobauern verwenden keine chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Sie halten stattdessen ihre Pflanzen z.B. durch mechanische Maßnahmen frei von Unkraut und Schädlingen. Diese umweltschonende Anbaumethode bedeutet einen weitaus höheren Arbeitsaufwand, lässt die Ernten jedoch oft nicht so üppig ausfallen wie im konventionellen Landbau.
Artgerechtere Haltung:
Die Tiere werden artgerechter gehalten und mit Futter aus ökologischer Erzeugung bedarfsgerecht ernährt. Sie bekommen Futter in der Art und Menge, wie es dem jeweiligen Entwicklungsstadium des Tieres entspricht. Dadurch verlängern sich die Mastzeiten, und sie erzeugen auf die Fläche bezogen weniger Fleisch, Milch oder Eier als konventionell arbeitende Bauern.
Geringere Erträge:
Gleichzeitig sind die Erträge pro Hektar Land geringer – zumal ein Teil der Flächen nicht dem Anbau von Verkaufsfrüchten dient, sondern bspw. Leguminosen zur Stickstoffgewinnung angebaut werden, damit der Boden fruchtbar bleibt und die Pflanzen ökologisch ernährt werden können (Fruchtfolge).
Höheres Know-how:
Darüber hinaus erfordern der ökologische Pflanzenbau und die Bio-Tierhaltung meist ein höheres fachspezifisches Know-how als in der konventionellen Landwirtschaft und auch mehr Arbeitskräfte.
Meist regionaler Verkauf:
Biolandwirte sind oft auf heimischen Märkten oder in kleineren Fachgeschäften statt in großen Discountern und Supermärkten vertreten. Dadurch wird statt auf die große Masse, auf Transparenz gesetzt.
** Kurzum gesagt: Biolebensmittel sind teurer, weil Biolandwirte trotz höherem Arbeitsaufwand niedrigere Erträge erzielen. **
Gut zu wissen
Besonders kleinere Höfe sind oft nicht biozertifiziert – da der Prozess für sie zu teuer und aufwendig wäre –, obwohl sie unter Biobedingungen produzieren.
Soll ich Bioprodukte kaufen?
Das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden, was einem wichtig ist. Die ökologische Landwirtschaft ist sicherlich nicht die perfekte Lösung oder einzig wahre Landwirtschaft. Wenn Sie guten Gewissens genießen möchten, stellen saisonal und regionale Lebensmittel pflanzlichen Urspungs vom heimischen Bauern sicherlich die nachhaltigste und gesündeste Variante dar. Oder Sie setzen auf Lebensmittel auf z.B. Demeter-Qualität, die noch höhere Standards, gerade in Sachen Tierhaltung haben, als die Biozertifizierung.
Quellen
- https://www.thuenen.de/media/publikationen/thuenen-report/Thuenen_Report_65.pdf
- https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtschaft-zu-den-treibhausgas#treibhausgas-emissionen-aus-der-landwirtschaft
- Crystal Smith-Spangler, Margaret L. Brandeau, Grace E. Hunter, J. Clay Bavinger, Maren Pearson, Paul J. Eschbach, Vandana Sundaram, Hau Liu, Patricia Schirmer, Christopher Stave, Ingram Olkin, Dena M. Bravata: Are Organic Foods Safer or Healthier Than Conventional Alternatives?: A Systematic Review. Annals of Internal Medicine 157(5): 348–366.